Gerlinde Elke Occhidivento / Mondrian v. Lüttichau: DAS BUCH TANI MARA

1970 war ich, mondrian – damals noch wolfgang (oder wolfi) -, achtzehn jahre alt. Ein außenseiter aus gründen, die ich erst viel später verstehen gelernt habe. Seit anfang 1969 hatte ich in zunehmendem maße kontakt gefunden zu gassenkindern in der kleinen württembergischen stadt, in der ich (im elternhaus) lebte. Von ihnen habe ich mich angenommen gefühlt – ganz einfach da sein dürfen, in der gegenwart, - stunden zusammen verbringen in selbstverständlichkeit, bißchen reden, bißchen freude, "gummihupfen" (wobei ich nur im gummi stand und manchmal schiedsrichter spielte), - stille, aber auch momente von solidarität, trost und trauer miteinander teilen.. dies meist wegen der eltern, der erwachsenen. Augenblicke von nähe, von zärtlichkeit, einander geborgenheit geben für momente.
Zu sexuellen grenzüberschreitungen meinerseits kam es nicht – ich habe entsprechende gefühle dafür kaum gehabt, war in meinen empfindungen eher selbst wie zehn oder zwölf. Wo darüber hinausgehende empfindungen und phantasien auftauchten, hab ich auf das, was der authentischen lebendigkeit der kinder angemessen war, vermutlich mehr geachtet als auf alles andere. Seelische grenzüberschreitungen durch ältere (durch eltern) kannte ich selbst zu gut. (Siehe hierzu bei A+C meine tage-bücher "Außenseiter-Allüren!"  und "Schweinisch wird kritisch und physisch" sowie die anmerkungen zum thema pädosexualität hier auf der titelseite.)
Aber natürlich argwöhnten manche erwachsene schlimmes. Immer wieder wurde einzelnen kindern der umgang mit mir verboten; einige hielten sich dran, die meisten nicht.

Elke (oder gerlinde) war eines dieser gassenkinder. Zwischen uns war es mehr, von anfang an. Und doch wußten wir beide, wo die grenze unserer beziehung war, in jener zeit. 1971-73 war ich im internat in heidelberg; jetzt gingen briefe zwischen uns hin und her. Gesehen haben wir dann nur noch selten. Sie hatte einen "richtigen" freund, ich eine "richtige" freundin. Dann wurde gerlinde heroinabhängig. In unseren briefen der folgenden jahre stand dieses thema im mittelpunkt. 1980 ging elke in eine stationäre drogentherapie. - -

Tagebücher geschrieben habe ich seit dem vierzehnten lebensjahr. Aus ihnen habe ich im jahr 1980/81 die geschichte der begegnung und beziehung mit gerlinde herausgeschrieben und, in verbindung mit unserem damaligen briefwechsel, DAS BUCH TANI MARA zusammengestellt. Es erschien 1982 als buchhandelsausgabe (und begründete meinen damaligen selbstverlag AUTONOMIE UND CHAOS HEIDELBERG). Tagebücher und briefe wurden im wesentlichen unverändert wiedergegeben, nur einzelne (meist unklare) stellen wurden minimal korrigiert. – Jetzt, 36 jahre später, kann es, in absprache mit gerlinde, eine neue ausgabe geben.

Weltweit bekanntgeworden ist christiane felscherinows bericht über die "Kinder vom Bahnhof Zoo". In dieser noch immer durch nichts zu ersetzenden dokumentation kommen tiefenschichten der seelischen befindlichkeit dieser jungen menschen zu kurz. In lindes briefen aus ihrer drogenzeit steht genau dies im mittelpunkt. Nicht zuletzt deshalb bin ich froh, daß Das Buch Tani Mara jetzt noch einmal veröffentlicht werden kann.

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Liane Michauck & Co. / Mondrian v. Lüttichau: TAGEBUCH EINER DIS-THERAPIE

Diese Veröffentlichung dokumentiert den therapeutischen Weg einer Überlebenden schwerster Psychotraumatisierungen mit DIS (Dissoziative Identitätsstörung/ Multiple Persönlichkeit) in den Jahren 2006–2010 mit dem Dipl.-Sozialpädagogen Mondrian v. Lüttichau.

Bei einer psychotraumatologisch orientierten DIS-Therapie liegt die Aufmerksamkeit auf strukturellen und neurophysiologischen Gegebenheiten (traumatische Dissoziation, innersystemische Funktionen, Konditionierungen, Mind Control). Daneben setze ich (MvL) auf die bewegende Kraft der mitmenschlichen Beziehung; das scheint mir nahezuliegen bei KlientInnen, die vollständig über einzelne Teilpersönlichkeiten ("Ichs") mit unterschiedlichem subjektivem Lebensalter und unterschiedlichen Lebenserfahrungen organisiert sind. Therapeutische Grundhaltung war es, die dissoziativen Anteile/Persönlichkeiten/Ichs bedingungslos ernstzunehmen als Gegenüber, mit ihnen weitestmöglich in Ich-Du-Beziehung (Buber) zu gehen und gleichwohl nie die Orientierung an der Wahrheit des Ganzen, des Systems, der Klientin zu verlieren – und diese Orientierung im Austausch immer neu in angemessener Weise zu konkretisieren.

Als ich Liane Tjane Michauck im September 2006 kennenlernte, waren zumindest die erwachsenen Anteile mehr oder weniger lebensmüde im tiefsten Sinne. So viele Jahre hatten sie um ihr eigenes Leben, um Gesundheit gekämpft, so viele Jahre Therapie, eigenes ehrenamtliches Engagement, Leben als berufstätige alleinerziehende Mutter – und noch immer Ängste , Panikattacken, Suizidalität, Perspektivlosigkeit, dazu die zunehmenden somatisch-medizinischen Probleme.

Es wird beim Lesen wohl nachvollziehbar, wieso DIS-Therapie mit möglichst allen Anteilen unabdingbar ist, da sämtliche Anteile nicht nur eigene traumatische Erinnerungen bewahren, sondern zugleich unverzichtbare Ressourcen zur Heilung tragen. Bei der damals fast chronisch suizidalen und krisengeschüttelten Klientin wäre die Therapie ohne das stabile lebenszugewandte Potential der Kinderpersönlichkeiten nicht möglich gewesen! Beziehungsmäßiger Kontakt mit Kinderanteilen bedeutet also keineswegs eine Art Bemutterungsposition; selbst "kleine" kindliche Anteile sind ernsthafte TherapiepartnerInnen, die auf ihre Weise mitarbeiten wollen und können und eigene therapierelevante Ressourcen haben. Zudem stehen innere Ressourcen und entwicklungspsychologische Kompetenzen bei den Anteilen eines multiplen Systems bis zu einem gewissen Grad wechselseitig unterschiedlichen Anteilen zur Verfügung. Dies scheint plausibel, da es in der traumatischen Vorgeschichte meist keine Notwendigkeit gab, diese Freiheitsgrade amnestisch abzuspalten. Erfahrungen mit "Außenkindern" können nur sehr bedingt Vorbild sein für den Umgang mit dissoziativen Kinderanteilen.

Eine sogenannte "Alltagspersönlichkeit" ("Gastgeberpersönlichkeit") ist erstmal nichts anderes ist als ein Anteil von mehreren, also nichts systemisch Übergeordnetes. Welche strukturell bedingte Ressourcen derjenige Anteil hat, der in der Vorgeschichte vorrangig den Alltag organisiert hat, muß innerhalb der Therapie erst geklärt werden. Die strukturelle (systemische) Innenfunktion eines dissoziativen Ichs kann sehr differieren von ihrer Funktion in der sozialen Außenwelt.

Die üblichen Bereiche einer Traumatherapie sind Stabilisierung, Traumakonfrontation und Traumaintegration. Bei Betroffenen mit DIS oder DDNOS ist die therapeutisch angeleitete Weiterentwicklung (Umstrukturierung) des Persönlichkeitssystems ein hierzu gleichwertiger Bereich, keine Nebensache, die "sich von selbst versteht". Dabei geht es um Psychoedukation für die einzelnen Anteile, Co-Bewußtsein, Altersprogression, -regression, Fusion von Anteilen, das Unterscheiden einzelner Funktionen, Erkennen von Täterintrojekten und Kontaktaufbau mit ihnen, Konditionierungen, Mind Control. Deutlich wird die Relevanz dieser "DIS-Therapie" (im Rahmen einer Traumatherapie) auch in vielen alltagsbezogenen Momenten, für die einzeln (und mit den unterschiedlichen Teilpersönlichkeiten) Brücken gebaut werden müssen zwischen der traumabedingten theory of mind und gesünderen Empfindungen, Konfliktlösungsmethoden, nicht zuletzt: der banalen gesellschaftlichen Realität. Deutlich wird das extrem labile seelische Gleichgewicht – nicht aufgrund eines bestimmten Störungsmusters, sondern aufgrund vieler Faktoren (mit unterschiedlicher Genese), die situativ ausgeglichen werden müssen. Auch die Heilungsfortschritte liegen wechselseitig in all diesen Faktoren; es ist wie ein Bäumchen wechsle-dich, bei dem Ressourcen und Möglichkeiten sich überall verstecken können und vom Therapeuten/der Therapeutin dort angesprochen und gestärkt werden müssen.

Solches Flottieren von Persönlichkeits- und Entwicklungsmomenten zwischen Anteilen (bzw. "Ego States") findet sich grundsätzlich genauso bei Menschen ohne DIS, nur wird es dort bei konventioneller Sozialisation (bzw. Psychotherapie) ausgerichtet am Ideal eines widerspruchslosen "erwachsenen Ich".

Unser therapeutischer Weg macht vielleicht nachvollziehbar, wie gerade der vorbehaltlose Ich-Du-Kontakt mit möglichst sämtlichen dissoziativen Teilpersönlichkeiten die Motivation zur zunehmenden Innenkooperation stärken kann. Allerdings bleibt dies eine ständige Gratwanderung, bei der die Orientierung auf das Ganze durch die therapeutischen HelferInnen immer neu ins System eingebracht werden muß! Andernfalls würden die speziellen Einzelbedürfnisse der Anteile an einen Beziehungskontakt überwiegen (mütterliche/elterliche Zuwendung, Schutz, leibliche Nähe, Orientierung an bestimmten Lerninhalten, Wunsch nach kindgerechten SpielgefährtInnen, Täterprojektionen, Ausagieren von Erfahrungen mit destruktiver Sexualität, Sehnsucht nach selbstbestimmter Sexualität).

Vorstellbar wird auch das sehr organische und individuelle Heilewachsen einzelner Anteile, das allerdings viel Realzeit erfordert. Derart umfassender, ausdifferenzierter Austausch mit den dissoziativen Ichs läßt sich mit der Zeitökonomie einer kommerziellen Psychotherapie meist nicht vereinbaren. Dieses Therapietagebuch könnte immerhin dazu beitragen, Betroffenen, Angehörigen und HelferInnen die konkrete Beziehungsdynamik zwischen Traumaüberlebenden mit DIS und HelferInnen affektiv vorstellbarer zu machen, als es Fachbücher oder nachträglich verfaßte autobiografische Berichte von Betroffenen vermögen.

(Aus dem Nachwort)

Siehe auch  von Liane Tjane Michauck & Co.:  "SCHRITTE INS LEBEN. Gedichte aus dreißig Jahren" (hier)

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Merle Müller: ZEUGNISSE AUS DER RITUELLEN GEWALT (Erster und zweiter Teil)

Organisierte Rituelle Gewalt umfaßt physische, sexuelle und psychische Formen von Gewalt, die planmäßig und über lange Zeiträume ausgeübt werden, teilweise im Rahmen von Zeremonien / Ritualen. Die Opfer werden psychisch konditioniert, um sie gefügig zu machen für Kinderpornografie, Zwangsprostitution, teilweise auch satanistisch begründetem Morden an Babys.
Infolge der seit frühester Kindheit erfahrenen Traumatisierungen kommt es bei den Opfern häufig zur Ausbildung der Dissoziativen Identitätsstruktur (DIS, "Multiple Persönlichkeit"). Diese letzte Möglichkeit der Psyche, sich zu schützen, wird von Tätern ausgenutzt, um einzelne Persönlichkeitsanteile für bestimmte Zwecke einsetzen zu können. In diesem Zusammenhang berichten Betroffene von Konditionierungen, mit deren Hilfe "Programme" (posthypnotische Befehle oder Befehlsketten) verankert wurden (Mind Control). Auf diese Weise werden Opfer auch zu Gewalthandlungen gezwungen.
Aussagen über das Täterverhalten sind aufgrund von dissoziativer Abspaltung (Amnesie) sowie der durch Täter geschürten Drohungen, aber auch Schuld- und Schamgefühle der Opfer oft nur im Rahmen psychotherapeutischer Aufarbeitung möglich. Geheimhaltung, teilweise Anonymität von Tätern, Unbekanntheit der Tatorte und der oft große zeitliche Abstand erschweren eine strafrechtliche Verfolgung.

Merle Müller ist 40 Jahre alt, auch sie ist Viele (hat eine Dissoziative Identitätsstruktur). Seit dem dritten Lebensjahr ist sie der sexualisierten Gewalt ausgeliefert, – zunächst durch einen Großvater, dann durch den Vater, der schon das kleine Kind an Kumpane weitergegeben hat. Wie bei anderen Opfern von inzestuöser sexualisierter Gewalt gehörten neben solchen Drohungen auch Tiertötungen und darauf bezogene Morddrohungen und teufliche Doppelbotschaften zu den ersten Konditionierungen.
Konsequent wurden in der Kindheit durch die Täter dissoziative Abspaltungen (Persönlichkeiten, Anteile) "hergestellt" (im allgemeinen durch bewußt herbeigeführte Todesangst/Panik) und zu bestimmten Aufgaben konditioniert.
Merle & Co. und andere Opfer solcher Tätergruppen sind lebenslang versklavt, sie kennen es nicht anders, als daß sie Objekt sind, daß es ihr Daseinszweck zu sein scheint, die Forderungen anderer zu erfüllen. Sobald sich Widerstand regt, wird die Schraube der Folter, des Terrors mal kurz angedreht; so ist es noch heute.

Bei Merle & Co, die nur in sehr eingeschränkter Weise erwachsen werden konnte, lebt letztlich noch immer die kreatürliche, kindliche Erwartung, daß tatsächlich zeitnah geholfen wird, sobald Außenstehende von den Schrecklichkeiten erfahren und "es glauben". Demgegenüber sahen und sehen sich Merles Persönlichkeiten einer Flut von organisatorisch-administrativen Zusammenhängen und Begründungen gegenüber, die alle darauf hinauslaufen, daß Hilfe auch jetzt noch von unübersehbar vielen Bedingungen abhängt und sozusagen in den Sternen steht. Das wirkt wie Verhöhnung durch denjengen, der doch beteuert, daß er helfen will!

"Ich kann nicht verstehen, warum die mich nehmen!? Was an mir falsch ist! Was mich so billig macht! Bin ich so viel dümmer, als die anderen? Es geht nicht in meinen Verstand, wie Menschen, Kinder wie Scheiße, wie Dreck, wie Abfall behandeln, benutzen können? Ständig stelle ich mir die Frage, was ich gemacht habe? Zu böse war?"– Nele (12) war zu diesem Zeitpunkt noch in der Realität der Kindheit. Der gleichalte Anteil Doris ist dagegen bereits in der Gegenwart und erinnert sich an die Kindheit, in der sie zu anderem Zweck als Nele konditioniert wurde: "Gut vielleicht bin ich ein Spätentwickler aber das die ganzen bösen Menschen mit mir Sex machen wusste ich da nicht das es falsch ist. Eben erst jetzt durch dich. Ich erinnere an einen Satz. Das machen nur die mit dir die dich ganz besonders liebhaben! Es ging darum es keinem zu sagen weil die mich dann nicht mehr lieb haben werden sondern nur sehr böse auf mich werden."

Was Opfer von jahrelanger, seit der Kindheit bestehender sexualisierter Gewalt abhält, Hilfe zu suchen, ist bei Merle & Co. und wohl auch bei anderen Opfern nicht vorrangig die Gewalt, der sie selbst ausgesetzt sind. Es gibt andere Faktoren, die jedoch manchmal zu wenig berücksichtigt werden von HelferInnen aller Professionen. Die Überzeugung, selbst schuldig geworden zu sein, selbst böse zu sein, Hilfe nicht zu verdienen, steht an erster Stelle. Dabei spielen ungewollte sexuelle Empfindungen während der sexualisierten Gewalt eine entscheidende Rolle. Scham, die Überzeugung, Außenstehende könnten sich vor ihnen nur ekeln, aber auch die Überzeugung, sie seien genauso böse wie die Täter. Dann die jahrzehntelange Erfahrung, daß Außenstehende, deren Aufgabe das Helfen ist, nicht zuhören, nichts verstehen und fehlinterpretieren. Bürokratische Mechanismen und organisatorische Begrenzungen wirken sich aus, als steckten Täterinteressen dahinter. Zumal Täter ihnen einreden, daß niemand sich für ihr Schicksal interessiert bzw. Behörden, Polizisten zu ihnen (den Tätern) gehörten. Eine andere, kaum überwindbare Hürde sind Drohungen der Täter, Angehörigen zu schaden, sie zu töten, falls das versklavte Opfer auszusteigen versucht.

Nur in Kooperation möglichst vieler Anteile kann die Befreiung von den Tätern (durch Mithilfe äußerer Helfer) organisiert werden. Jedoch ist das dazu nötige Co-Bewußtsein, also das Auflösen amnestischer Barrieren, bei bestehender Tätergewalt nur sehr eingeschränkt möglich, da ja gerade die amnestischen Abspaltungen das seelische Überleben angesichts der tagtäglichen brutalen Gewalt ermöglicht hat; – ein Teufelskreis (nicht der einzige)!

Ein besondere Schwierigkeit liegt (wie meist zu Beginn der therapeutischen Arbeit mit Multis) darin, der bisherigen Außenpersönlichkeit die Realität der Tätergewalt zu vermitteln. Merle ist am Funktionieren eines konventionellen Alltags, an den guten, liebevollen Aspekten des Lebens orientiert, ist ihrer Tochter wertschätzend, achtsam zugewandt: "Ich will doch nur eine Mama sein." Wie sollte sie die grauenhaften Tatsachen damit vereinbaren?! "Das was ich träume, kann unmöglich wirklich sein! Das ist zu schrecklich!!!!" Andererseits war sie für lange Zeit die einzige an der Außenwelt orientierte erwachsene Teilpersönlichkeit, insofern unverzichtbar für die Organisation der Befreiung.

Die Opfer sind seit ihrem Lebensbeginn isoliert von der ganzen menschlichen Gemeinschaft – sie wissen kaum etwas von ihr, gehen davon aus, die ganze Welt ist so wie die Täter. Es ist die reale Hölle, in der sie sich fühlen. Sie können sich niemandem offenbaren. Und viele von ihnen (vor allem die kindlichen Anteile) denken, sie selbst seien schuld an dem Schrecklichen. Sie tun fast alles nur mögliche, um die Bezugspersonen zufriedenzustellen, geliebt zu werden von ihnen.Der Anführer der Tätergruppe, die Merle & Co. versklavt, läßt sich aus gutem Grund "Vati" nennen. – "Vati nimt mit Past auf läst nicht allein hat ganz lieb Mus nur lieb sein nichts Sagen dürfen fein spilen dan tut nicht so weh artig sein", schreibt ein Kinderanteil im Flashback.
Daneben gibt es noch ein anderes, genauso wirkungsvolles Druckmittel, das solche Täter ihren Opfern seit der frühen Kindheit einbleuen: die Drohung, andere zu schädigen, die dem Opfer lieb sind. Bei Merle & Co. war das zunächst ein Meerschweinchen, das der Vater vor den Augen der Siebenjährigen tötete. Später wurde eine Katze gequält, aber bald kam die Drohung: "Das was ich mit dir mache ist noch lange nicht alles! Es hört nicht auf! Keiner hilft. Du sagst kein Wort sonst tun wir dasselbe mit deiner Schwester! Das alles ist allein deine Schuld! Du wolltest es so! Sei still sonst schlitze ich dich auf!"

Wir alle entwickeln in der Kindheit und Jugend Vorstellungen von uns selbst, von anderen Menschen und von der Welt, dem Leben, die auf unseren (kindlichen) Erfahrungen einschließlich der "pädagogischen" Einwirkungen anderer beruhen (theory of mind). Wenn jemand bereits als Kind in einer nahezu hermetischen Täter-Hölle ohne auch nur einigermaßen freie Entfaltung des Bewußtseins in die Welt hinaus aufwächst, kann sich bei ihm nur eine spiegelbildliche, ebenfalls hermetische, rekursive und dichotomische theory of mind entwickeln. Dies wird in der vorliegenden Dokumentation deutlich. Auch aus diesem Grund müssen wohl nicht wenige erwachsene Opfer entsprechender Tätergruppen als hilflose Personen verstanden und entsprechend (auch gemäß SGB XII) unterstützt werden.

Viele Anteile bei Merle & Co. wollen befreit werden, würden auch aussagen vor den Strafverfolgungsgehörden – wären da nicht die Drohungen der Täter, in diesem Fall die Tochter Amelie zu töten. Seit früher Kindheit haben Täter den Anteilen bewiesen, daß sie töten können. Zuerst ein Meerschweinchen, dann eine Katze, dann das erste eigene Kind, da war Merle zwölf Jahre alt. Später andere Babys, fremde wie auch eigene.

Die Existenz der Organisierten Rituellen Gewalt wird mittlerweile kaum mehr bestritten; Strafverfolgungsbehörden verweisen jedoch auf die Schwierigkeit, beweisbare Tatbestände zu finden. Nachvollziehbar, wenn die Taten viele Jahre in der Vergangenheit liegen. Hier aber geht es um gegenwärtige, tagtägliche Schrecklichkeiten! Es geht um den Hilferuf eines Opfers an die Gesellschaft, deren zufällige Adressaten die Fachkräfte der Traumastation einer Universitätsklinik und ich sind.
Befreiung in dieser Situation erfordert die tätige Unterstützung staatlicher Institutionen. Es geht um dauerhaften Schutz für Mutter und Tochter.Das ist von einzelnen HelferInnen nicht zu leisten, hierfür bedarf es der organisatorischen Kooperation verschiedener staatlicher und gemeinnütziger Stellen. Dies wiederum setzt zumindest grundlegende Kenntnisse über die psychische Situation entsprechender Überlebender voraus. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, daß solche Opfer in mancher Hinsicht keine selbstverantwortlich entscheidungsfähigen Erwachsenen sind, sondern hilflose Personen. Dies auch dann, wenn einzelne dissoziative Anteile sehr kompetent sind innerhalb ihrer Aufgaben im Alltag. Hilflose Person ist allerdings nicht im Sinne einer psychischen, somatischen oder kognitiven Beeinträchtigung zu verstehen, vielmehr eher so, wie Kinder hilflos sind.

Anlaß dieser Veröffentlichung ist es, Merle Müllers Hilfeschrei einer weiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, – den Menschen die Augen zu öffnen, wie Doris mehrfach betont hat. Ist es möglich, daß in einem der reichsten Länder der Erde die öffentlichen, staatlichen Stellen solche Opfer ihrem Schicksal überlassen – oder der zufälligen und unzureichenden Unterstützung einzelner TherapeutInnen und Angehöriger? Daß das staatliche Gewaltmonopol hier nicht tätig wird? Daß die polizeiliche Aufgabe der Gefahrenabwehr hier nicht trägt?
Die Mails von Merle & Co. stehen für ungeschriebene Zeugnisse hunderter Opfer. Zu wenig, um staatliches Handeln zu rechtfertigen?

Ein weiterer Schwerpunkt dieser Veröffentlichung ist es, die konkrete Situation, die Reflexion, das Empfinden von Menschen (zumeist Frauen) zu verdeutlichen, die von Tätergruppen des organisierten Verbrechens versklavt werden: Menschenhandel, Zwangsprostitution, Rituelle Gewalt, Mind Control. Das sind nicht einfach Menschen mit einer abgrenzbaren und dignostizierbaren "Störung", sondern jede von ihnen ist eine menschliche Ganzheit, die in schwer nachvollziehbarer Weise in jeder Minute um ihre Integrität, letztlich um ihr Überleben kämpft. Und dies nicht in afrikanischen oder asiatischen Kriegsgebieten oder verirrt im Dschungel, auch nicht im KZ der Nazis, sondern hier unter uns, umgeben von Mitmenschen … und doch wie unsichtbar. Im öffentlichen Diskurs kommen sie nicht (oder kaum) vor. Niemand kommt auf sie zu und reicht ihnen die Hand. Noch immer lebt tief in ihrem Innern die Überzeugung, daß "helfen" etwas Natürliches ist, ein Grundbestandteil des menschlichen Lebens, – aber es geschieht nicht. Niemand hilft, Jahr um Jahr nicht. Institutionalisierte HelferInnen wenden sich ab, sofern das entsprechende Betreuungssetting von den Betroffenen nicht genutzt werden kann oder sobald die Finanzierung ausläuft. "Wenn nicht der größte Teil der Innenpersönlichkeiten die Befreiung von den Tätern befürworten und unterstützen, ist ein Ausstieg, ist Therapie nicht möglich." So oder ähnlich steht es in Fachbüchern. Aber der Satz ist unvollständig. Ein Ausstieg ist dann angesichts der kaum vorhandenen staatlichen Unterstützung nicht möglich! – Derselbe blinde Fleck mußte überwunden werden, als es um die schulische Integration (später: die Inklusion) körperlich wie psychisch und kognitiv beeinträchtigter Mitmenschen ging. Wer würde infrage stellen, daß Merle Müller (und viele andere Überlebende derartiger jahrezehntelanger Folter und Konditionierung/Mind Control) zu dem durch die Behindertenrechtskonvention der UN gemeinten Personenkreis gehört?

Durch das hier vorliegende Zeugnis wird nachvollziehbar, daß das Eingreifen von Strafverfolgungsorganen bei erwachsenen Opfern von Ritueller Gewalt (mit DIS) sich orientieren muß an kindlichen Opfern von Straftaten: es kann nicht gewartet werden, bis das Opfer selbst sich äußert – aufgrund der Ängste und der entwicklungspsychologischen Struktur des Persönlichkeitssystems wird dies eventuell nie geschehen.Für Opfer von Ritueller Gewalt bei bestehender Tätergewalt sind spezielle Anlaufmöglichkeiten nötig. Geschützte Lebenssituationen und interdisziplinäre Vernetzungen müssen zur Verfügung stehen bereits vor der Befreiung. (Dies gilt analog zu Opfern von Zwangsprostitution, die als Erwachsene eingeschleust wurden.) Schutz, auch von eventuellen Kindern (die als Drohung genutzt werden), muß vorrangig sein (analog zu Frauenhäusern). – Die gnadenlose soziale Isoliertheit solcher versklavten Opfer (jedenfalls der allermeisten Persönlichkeitsanteile) ist ein Grundproblem, das Fehlen jeder Erfahrung mit der konventionellen Alltagswelt ein anderes. Wegen der durchgängig schlechten Erfahrungen mit anderen Menschen gibt es kaum Hoffnung auf Hilfsmöglichkeiten in der Außenwelt. Durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit sollte sowohl die Existenz solcher Tatzusammenhänge als auch von Anlaufstellen verbreitet werden. Die Tabuisierung des Themas – weil wir alle solche Schrecklichkeiten nicht wahrhaben wollen und eventuell auch aus anderen Gründen – muß aufgelöst werden.
Menschen in der Gewalt solcher Täterkreise, seien sie noch Kinder oder schon (nominell) Erwachsene, fallen offenbar durch das Netz der administrativen Unterstützungsmöglichkeiten. "Wir tun alles Menschenmögliche!" heißt es häufig bei polizeilichen Pressesprechern, sofern Gewaltverbrechen öffentliche Aufmerksamkeit erreichen. Gilt dies auch bei Gewaltopern wie Merle Müller?

Traumatherapeutische Fachbücher zum Thema Organisierte Rituelle Gewalt sind unersetzbar, über die subjektiven Empfindungen von Opfern können solche Veröffentlichungen kaum etwas vermitteln. Die Realität von multiplen Teilpersönlichkeiten in ihrer (Mit-) Menschlichkeit, ihrem Alternieren zwischen innen und außen, zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen unterschiedlichen Quellen von Erfahrung und Wissen wird für uns "Unos" (nicht multiple Menschen) wohl immer extrem schwer nachzuempfinden, also letztlich: glaubhaft sein. Eine grundlegende affektive Nähe zu solchen Betroffenen dürfte jedoch Voraussetzung sein, um Opfer extremer Gewalt mit DIS nachhaltig zu unterstützen. Autobiografische Zeugnisse, Selbstberichte und auch die hier vorliegende Dokumentation sind für TherpeutInnen und andere HelferInnen unverzichtbare Ergänzungen der konzeptionell und notwendigerweise verallgemeinernd angelegten Fachveröffentlichungen.

Was tun also? Die Augen zumachen, Merle Müller (und andere Opfer in vergleichbarer Situation) ihrem Schicksal überlassen – mit Verweis auf die Beschränktheit der sozialen, staatlichen, finanziellen, politischen, individuellen Hilfsmöglichkeiten? Gehen die Interessen der Täter und unsere (diejenigen der ganz normalen Bürger) hier konform? Zumindest in ihrer gnadenlosen, bewußt-losen Orientierung an einer beziehungslosen Sexualität sowie an der finanziellen Verwertung von Menschen um jeden Preis stehen diese Täter der gesellschaftlichen Normalität grundsätzlich näher als ihre Opfer.
(Aus der Einleitung)

Die beiden umfangreichen Teile der Dokumentation enthalten den (helferischen und freundschaftlichen) Mailaustausch zwischen verschiedenen Teilpersönlichkeiten von Merle Müller und mir aus den Jahren 2017 und 2018. Der Kontakt besteht fort.

Zusammenfassung in der Fachzeitschrift TRAUMA (Asanger Verlag) - hier!


Merle Müller ist noch immer in der Gewalt der Täter.

Erster Teil: WIRD KEINER HELFEN ?
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Zweiter Teil: VATI HAT MICH !
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Mondrian graf v. lüttichau: DIE SINNSPRÜCHE DES LI BOYANG, GENANNT LAOTSE (2019)

Um die erste version meines versuchs einer annäherung an das 2400 jahre alte weisheitsbuch Dàodéjīng (Tao Te King) zu veröffentlichen, hatte ich 1981 den Verlag Autonomie + Chaos Heidelberg ins leben gerufen.

Mehr und mehr haben sich im laufe der jahrhunderte die bewußtseinsebenen ausdifferenziert, auf denen wirklichkeit (jenseits begrifflicher festlegungen) erfahrbar wird. In unserer zeit kann nur noch jeder einzelne an seinem platz zu machen versuchen, was er oder sie für angemessen hält. Wirklichkeitsgemäßes handeln auf eine bestimmte praxis festzulegen, ist nicht mehr möglich, denn jedes definieren trägt den keim der seit damals fortgeschrittenen verdinglichung (instrumentalisierung). Menschliche wahrnehmung und erfahrung ist ein vielfach verzweigter baum geworden; zur zeit des li boyang hatte der noch weit weniger äste, zweige, blüten und früchte. Verdinglichung und selbstentfremdung haben sich aufgebläht in einer weise, deren grundmuster li boyang 2300 jahre vor theodor w. adorno und max horkheimer beschrieben hat.

Dennoch können heutige soziale und politische konflikte zurückgeführt werden auf prozesse oder strukturen des menschlichen bewußtseins, wie sie in diesen 81 aphorismen kristallklar beschrieben werden. Alltägliche konflikte lassen sich begreifen durch DAO; von daher sind lösungen zu finden – noch heute. Diese uralten sinnsprüche sind das früheste plädoyer für herrschaftslose achtsamkeit und gegen entfremdung von der ganzheit des lebens. Allerdings müssen wir die hinweise des Dàodéjīng hinüberdenken in unsere sozialpsychologischen umstände.

Die tiefenökologische, sozialpsychologische weisheit des li boyang zeigt sich als konkrete orientierung an authentischem sein und handeln, – als gegenbewegung zu seelischer und bürokratischer verdinglichung.

Ab 2006 besann ich mich auf meine alte übertragung des Dàodéjīng, dachte nach über eine neuausgabe – da kam völlig überraschend das angebot einer veröffentlichung beim verlag Das klassische China. Jetzt entstand in schöner zusammenarbeit mit matthias claus seine bibliophile buchhandelsausgabe. Sie unterscheidet sich in wesentlichen nuancen von meiner ausgabe 1981. (Restexemplare sind über mich noch erhältlich.)

Die hier vorliegende ausgabe – wieder bei Autonomie und Chaos (online und kostenfrei) – ist nahezu textgleich mit der von matthias claus herausgegebenen version; es gibt nur einige wenige veränderungen. Enthalten sind wiederum die beiden briefe hermann schäfers (1978), hinzugekommen sind (sehr subjektive) literaturhinweise.

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Mondrian Graf v. Lüttichau: DISSOZIATION. TRAUMA. RITUELLE GEWALT

Hinweise für Betroffene und HelferInnen

Erster Teil: Grundlagen

  • Trauma in Kindheit und Jugend
  • Was ist das eigentlich – Traumatherapie?
  • Strukturelle Dissoziation
  • Borderline-Syndrom
  • Dissoziative Identitätsstörung (DIS)
  • Persönlichkeitsanteile, Dissoziation und Trauma: Hintergründe und Zusammenhänge
  • Organisierte sexualisierte/rituelle Gewalt und Mind Control

Zweiter Teil: Probleme und Ausblicke

  • Traumatherapeutische Heilpädagogik bei einer kognitiv schwer beeinträchtigten Frau
  • Wieso viele Opfer von ritueller Gewalt keine Hilfe suchen
  • Psychose, Dissoziation und Trauma
  • Mutismus als Traumafolge
  • Über das Leugnen von DIS, Organisierter ritueller Gewalt und Mind Control
  • Sándor Ferenczi – ein früher Traumaforscher
  • Die Wurliblume. Kein Unterhaltungsroman
  • Johanna Herzog-Dürcks Personale Psychotherapie als Element integrativer Traumatherapie?

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Mondrian Graf v. Lüttichau: EIGENSINN DER FARBEN. Bilder 1971 – 1986

Neu im April 2024

Die Bilder sind entstanden in den Jahren 1971-73 (zumeist im Internat in Heidelberg) sowie in den darauffolgenden Jahren. Sie befanden sich in einer der Bananenkisten meines "Archivs"; ich hatte sie sicherlich 30 Jahre lang nicht mehr hervorgeholt. Unlängst hat sich Jane M. für sie interessiert … und als ich sie jetzt durchsah, war ich überrascht, wie nah mir viele davon noch waren, wieviel sie noch immer mit meinen Eindrücken, Empfindungen und Erfahrungen zu tun haben! Sie korrespondieren mit Begegnungen und Beziehungen im Internat, mit manchen meiner Gedichte, aber auch mit den 1998-2000 entstandenen Enkaustikbildern.
So kam es zu dieser Veröffentlichung.
Teil I enthält Bilder im Querformat, Teil II Bilder im Hochformat.

Teil I:    auc-179-mondrian-eigensinn-teil-I (pdf 5,4 MB)

Teil II:    auc-180-mondrian-eigensinn-teil-II (pdf 6,9 MB)

Mondrian w. graf v. lüttichau (Hrsg.): VON DEN ELTERN

Daß der versuch, meine psychosoziale entwicklung, mein gewordensein zu verstehen, sich als roter faden durch alles hindurchzieht, was mir im leben wichtig wurde, kann ich mir erst jetzt eingestehen, im rückblick.
Wohl erst aufgrund der durch den tod meiner eltern ermöglichten abgrenzung von ihnen fand ich den nötigen freiraum, mir wirklich gedanken zu machen auch über ihr leben, über ihre wahrheiten.

Diese veröffentlichung von briefen, aufzeichnungen, dokumenten und kommentarenkönnte einiges von der pathologischen, leidvollen und (vor allem für die eltern) tragischen psychodynamik in meinem elternhaus vermitteln – und ist eine wichtige ergänzung zu meinen früheren darstellungen, die ich gleichwohl in keinem satz relativieren oder korrigieren kann. – Mithilfe ihrer briefe und aufzeichnungen habe ich manches von meinen eltern besser verstehen gelernt. Ich hoffe und glaube, daß durch diese dokumentation verständnis für ihr seelisches wie soziales schicksal auch bei außenstehenden entstehen könnte.

Solch nachträgliches verständnis für eltern führt allzu oft dazu, daß die erwachsen gewordenen kinder ihr eigenes kindheitsleid umdefinieren und verdrängen – mit weitreichenden folgen.
Etwas wie "nachgetragene liebe"(peter härtling) gibt es auch bei mir, - gleichwohl bin ich vorbehaltlos solidarisch mit dem kindlichen wolfi, in der zermürbenden beziehungs- und orientierungslosigkeit seines elternhauses. Es ist keine gesunde form von aufarbeitung, kindliches leid zu relativieren mit dem leid der dazugehörigen eltern!

Im vordergrund des verhältnisses zwischen meinen eltern und mir steht meines erachtens nicht unbedingt schuld, sondern eine tragik, in der mein elternhaus exemplarisch ist für allzu viele familien: Symptome früherer psychischer verletzungen werden (bei funktionierender sozialer fassade) in der nächsten generation ausagiert und bewirken dort neue psychische belastungen..

In dieser dokumentation soll zumindest ansatzweise etwas von der wahrheit meiner eltern deutlich werden – nicht zuletzt ihr oft hilfloses bemühen, mir gerecht zu werden und mich zu unterstützen – im rahmen ihrer seelischen möglichkeiten und ihres verständnisses.

Weitere fotografien aus dem umkreis meines elternhauses finden sich in meinem flickr-account, - hier!

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Mondrian w. graf v. lüttichau: "JEDE ZIGARETTE IST EIN SCHREI NACH ZÄRTLICHKEIT!"

Durch den kontakt mit ausreißern (trebegängern) entstand in dieser zeit (ab 1980) die gewißheit, daß ich umfassender und systematischer eintreten sollte, könnte und müßte gegen verdinglichte lebensformen und für menschenwürdigere beziehungen. Wichtig wurde der kontakt zur 'INDIANERKOMMUNE' (nürnberg, zunächst heidelberg), die vehement öffentlichkeitsarbeit machte gegen konsumterror, suchtformen und vergiftete elternhäuser. Lebensfeindliche sozialisationsbedingungen führen (bei den meisten von uns) zu seelischen verletzungen und zerstörungen, die sich im späteren leben weiterhin auswirken.– Ich begann, mir einzugestehen, daß auch ich erhebliche traumafolgeschädigungen hatte, nicht zuletzt im bereich sexualität.

Dies ist eine neufassung des 1983 als buchhandelsausgabe erschienenen titels 'Marsmenschlichkeit' (teil I).

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Mondrian w. graf v. lüttichau: "SCHWEINISCH WIRD KRITISCH UND PHYSISCH!"

Unter den gleichaltrigen im gymnasium war ich ein außenseiter aus gründen, die ich erst viel später verstanden habe. Ich suchte – ja, was? – und fand etwas davon im kontakt mit gassenkindern (das ist schwäbisch und meint kinder, die ihre freizeit relativ selbstbestimmt 'draußen' verbringen können, ohne daß sie deshalb straßenkinder im üblichen sinn wären.)– In diesem buch versuche ich etwas von der ganz eigenen lebendigkeit zu vermitteln, die bei kindern zwischen 8 und 12lebt (der sogenannten "vorpubertät"), eine zeit, in der erwachsene ihrem seelenleben oft besonders wenig aufmerksamkeit schenken. Bei den kindern dagegen eine zeit hoher sozialer offenheit und achtsamkeit, in der sich vieles entscheidet. Bei einigen der im buch vorkommenden kinder wird seelisches leid aufgrund von dysfunktionalen elternhausbedingungen deutlich. Im mittelpunkt stehen jedoch individuelle ressourcen der kinder, die sich im allgemeinen an der erwachsenenwelt vorbei entfaltet haben.. soweit es ging. –

Im anhang eine sammlung von regeln für's gummihupfen (gummitwist); diese wurden seinerzeit nur mündlich weitergegeben unter den kindern.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: ALLES. ALL. ALLEIN

Sporadisch entstanden 1993-2003 aphoristische aufzeichnungen, die über mein nachdenken für den alltag hinauszugehen schienen. Mit ihnen wurde das tagebuchschreiben endgültig beendet. - Erst heutzutage, im rückblick, meine ich zu verstehen, daß ihr sinn in einer konvergenz von psychologischer, politisch-soziologischer und spiritueller achtsamkeit lag..

"Die einzige dem menschen mögliche absolutheit liegt darin,
relativität als solche anzunehmen und ALLES in ihr zu suchen - und
vielleicht sogar zu finden."

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Mondrian w. graf v. lüttichau: ALLTAG MIT TINA

Bettina ist kognitiv beeinträchtigt ("geistigbehindert"). Das buch berichtet von unserer liebesbeziehung über drei jahre. Es wird deutlich, daß auch derart schwer beeinträchtigte menschen gleichberechtigte, partnerschaftliche freundschaften, sogar liebesbeziehungen leben können, sofern ihre kognitiven und seelischen möglichkeiten als rahmen der begegnung geachtet werden. Ihnen angemessene entwicklungsbedingungen in der kindheit vorausgesetzt(und dieses glück hatte tina!), werden auch menschen mit schweren kognitiven beeinträchtigungen "erwachsen", sie entwickeln lebensreife und beziehungsfähigkeit (einschließlich erotisch-sexueller entfaltung).

Auf grundlage der erfahrungen in der beziehung mit bettina kann ich die sozialisationsbedingungen wohl der meisten "geistigbehinderten" menschen (auch hierzulande) nur als verbrechen gegen die menschlichen grundrechte sehen.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: AUSSENSEITER-ALLÜREN. Anatomie einer kriegserklärung

Eine gekürzte, aber ansonsten sprachlich und inhaltlich authentische fassung meiner ersten tagebücher, als 14-18jähriger. Im mittelpunkt steht die schrittweise distanzierung und abgrenzung von den eltern – nicht vorrangig in demonstrativen kampfgebärden, vielmehr als reflexionsprozeß, bei dem in zunehmendem maße das mir eigene sich herauskristallisierte. Deutlich werden im elternhaus momente von überbehütung, beziehungsleere und parentifizierung. Nachdenken, lesen und schreiben sind die ersten alternativen, aber schon in dieser zeit zeigt sich meine suche nach authentischen begegnungen als zentrale lebensbewegung. – "Außenseiter-allüren" hatte seinerzeit meine mutter mir vorgehalten: doppelt verächtlich, indem noch nichtmal mein außenseiter-sein ernstgenommen wurde.

Der untertitel meint meinen damals bewußt werdenden widerstand gegen entfremdete (verdinglichte) zwischenmenschliche beziehungen, gegen trägheit des herzens, verlogenheit und egoismus als grundlagen der "normalität" in unserer menschenwelt.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: CLARISSA und DIE LIEBE

Während meines sozialpädagogik-studiums hatte ich einen teilzeit-job als nachtwache in einer wohnstätte für erwachsene mit kognitiver beeinträchtigung ("geistigbehinderte"). Das buch berichtet von dem engen kontakt mit clarissa, einer bewohnerin mit schwerer epilepsie. Im mittelpunkt steht clarissas kampf um selbstbestimmtes leben – und mein bemühen um achtsamkeit für ihre autonomie. Deutlicher denn je wurde mir in der zeit mit clarissa, daß es bei alldem letztlich um liebe geht – und daß "mitleid" niemals grundlage sein kann für hilfe. Auch schwer beeinträchtigte menschen haben ein menschenrecht auf selbstentfaltung und selbstverantwortlichkeit.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: DU UND ICH. Beziehungsorientierte enthospitalisierung mit hindernissen

Berichtet von der arbeit als heilpädagoge in einem enthospitalisierungsprojekt lebenslang fehlplazierter erwachsener aus einem (ost-)berliner psychiatrischen krankenhaus (WGK, 1995-98). Im vordergrund stehen die für derartige vorhaben typischen konflikte: Das bisherige betreuungsteam erlebt seine (an der gruppensituation orientierte) arbeit als entwertet, kann nur schwer kooperieren – was von den um individualisierte entwicklungsförderung bemühten enthospitalisierern zu wenig berücksichtigt wird. Dazu kam meine situation "als wessi" in einem zu diesem zeitpunkt noch vollständig DDR-sozialisierten umfeld. Unterschiedliches konflikt- und machtverhalten mußte erstmal als solches wahrgenommen werden. Trotz aller schwierigkeiten war das projekt im wesentlichen ein erfolg.

Das letzte drittel des buches enthält anonymisierte entwicklungsberichte über einzelne bewohnerInnen aus diesem projekt, um die konkrete heilpädagogische arbeit für außenstehende nachvollziehbarer zu machen.

Fünf jahre, bvor ich dort anfing, berichtete die TAZ so von unseren stationen (link)!

Übrigens entstehen derzeit wieder zunehmend vergleichbare einrichtungen, in denen "chronisch psychisch kranke" und "geistig behinderte" menschen bei unangemessener betreuung langzeithospitalisiert werden, - auch in berlin: http://www.tagesspiegel.de/politik/unter-ausschluss/7900466.html !

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Mondrian w. graf v. lüttichau: ELSTERN IN BERLIN

2., erweiterte auflage im oktober 2014.

Teil 1 + 2:

Aus dem tagebuch meiner ersten beiden jahre in westberlin (1984-86). Deutlich wird das ganz eigene lebensgefühl in dem von der mauer umschlossenen 'politischen gebilde', das - von innen gefühlt - kaum mehr mit der BRD zu tun hatte als mit frankreich oder holland. Dafür wurde ostberlin, die hauptstadt der DDR, bald zum untrennbaren teil meiner neuen heimat BERLIN. (Teil 2: "Anne F. nicht vergessen" kam in der 2. auflage hinzu.)

Teil 3:

Tagebuch der aufwühlenden zeit zwischen september und dezember 1989. Da saß ich in westberlin und habe atemlos, erschüttert und voller enthusiastischer spannung DDR-medien verfolgt und dann, vor allem nach dem 9.11., die täglichen veränderungen in ganz berlin miterlebt.

Teil 4:

Rund 500 bücher aus der DDR (und etliche filme) werden (mit bibliografischen angaben) aufgelistet, die zum großen teil schon jetzt vergessen sind. In ihnen ist viel vom lebensgefühl und vom alltag in der DDR bewahrt, - vielleicht mehr als in den wenigen allseits bekannten ('anerkannten') werken der DDR-belletristik. (Wurde für die 2. auflage ergänzt.)

Teil 5:

Textur des übergangs - fotos aus ost-berlin (1998-2000). (Neu in der 2. auflage.)

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Mondrian w. graf v. lüttichau: ERSTICKTES LEBEN

Eine sammlung von frühen gedichten und kurzgeschichten (sowie das aphoristische anáklasis-tagebuch) aus den jahren 1966-1971. Daneben enthält das buch eine sozusagen pornografische kurzgeschichte, die 30 jahre später entstand, aber meinem empfinden nach in diesen kontext gehört. (Achtung! Diese letzte geschichte kann bei überlebenden von sexueller gewalt als trigger wirken!)

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Mondrian w. graf v. lüttichau: FARBEN SPIELEN. Enkaustikbilder

Die uralte technik der enkaustik ermöglicht vielfältigste interaktion von farben in bewegung und form. Aus spontaneität, zufall und achtsamkeit entstehen geradezu choreografische szenen. Jede bewegung zerstört unwiderbringlich und schafft neues gebilde; - intuitive verbindungen zu inneren bildern und empfindungen führen zum surréalen (wieder-)erkennen von momenten des lebens.

Diese enkaustikbilder entstanden 1998-2000 in berlin.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: GEGEN ENTFREMDUNG. Pfadfindereien um menschengemäße wahrheit

Störende oder überfordernde momente des lebens auszugrenzen aus dem eigenen bewußtsein, ist wohl teil unserer natürlichen kognitiven ausstattung. Seit beginn der überlieferten menschheitsgeschichte gibt es GEGENBEWEGUNGEN zu dieser gefahr für das soziale miteinander, nennen wir es nun entfremdungoder verdinglichung, materialismusoder traumatische dissoziation, falsches selbstoder instrumentelle vernunft, rassismusoder vorurteil.

Sozialarbeit/sozialpädagogikist eine der komplexesten schnittstellen zwischen theorie und alltag, zwischen strukturen und individuen. Sie sollte zur avantgarde gesellschaftlichen bewußtseins gehören. – In meiner diplomarbeit von 1993 ('Alice Salomon-Fachhochschule Berlin')hatte ich versucht, material anzubieten zu einer solchen 'neuen sozialarbeit', ausgehend von drei bezugsebenen:

  • Der progressiven (selbst-)entfremdung (verdinglichung) in unserer zivilisation,
  • einer induktiven, vom individuum und seiner subjektivität ausgehenden erkenntnis- und erfahrungshaltung,
  • der grundsätzlichen offenheit gegenüber nichtmateriellen ("geistigen", "übersinnlichen", "spirituellen") aspekten menschlicher erfahrung.

Viele der herangezogenen quellen liegen (leider) weit abseits vom mainstream des gesellschaftlichen diskurses. Deshalb habe ich umfassend aus den quellen zitiert – um vielleicht neugierig zu machen..

Kommentar eines prüfers beim diplom-kolloquium:"Ist ihnen klar, daß sie damit im grunde versuchen, die sozialarbeit neu zu erfinden?!"
Der privatgelehrte hans imhoffin einem brief:"Ich blättere, lese, wälze, stöhne und lerne, ich spreche von meiner Beschäftigung mit Deinem Buch. (...) Jegliche Erziehung und Heilung geschieht um des Konformismus willen, der gerade als der Garant des Untergangs erkannt ist und dessentwegen Erziehung und Heilung geschehen soll. Schließt Du aber jeden Konformismus aus und schaffst damit die erste Bedingung zum Gelingen Deines Unternehmens, benimmst Du ihm den Zweck, die menschliche Gesellschaft. (...) Über die Voraussetzungen 'authentischen Lebens' zu reflektieren war Deine Aufgabe, die Du wohl einzigartig umfangreich, sorgfältig, beseelt und gescheit gelöst hast. Das Dumme nur, man hat den Eindruck: So wird es doch nicht, denn die Kette der erheischten Bedingungen reißt nie ab." (in: Hans Imhoff: 'ich für Dich bei mir. Briefe'; Frankfurt/M. 1997: Euphorion Verlag)
Lothar stiehm(ehemals leiter des Verlag Lambert Schneider) schrieb: "Lieber Mondrian, soll ich Ihnen etwas sagen?: in der vorigen Woche kam Ihre Sendung; ich nahm Ihre Manuskript-Kopie heraus - und ca. 4 Stunden später saß ich immer noch am Tisch und las und las! Natürlich nicht brav und systematisch. Sondern: hier ein Stück und da ein Stück und so querdurch. Ich wollte doch erst einmal die Luft schnuppern, und ich muß sagen: das war erfrischend, und ich kann fast überall Ja sagen. DANKE! Nun wird, sobald ich Ruhe dazu habe, die richtige Lektüre folgen. (Eines muß ich jetzt schon sagen: sollten Sie einmal wieder ein neues Exemplar 'herstellen': bittemachen Sie eines für mich mit! Einige Partien, die ich gelesen habe, sind mir so wichtig, daß ich sie ständig zur Hand haben möchte.)" (Brief vom 21.1.1998)

Die diplomarbeit wurde gründlich durchgesehen, etliche hinweise wurden ergänzt.

Die kapitel können unabhängig voneinander gelesen werden. Beim segmentierten download separate seitenzählung.

1. Abschnitt
Titel und Einleitung
Entzauberung der welt

2. Abschnitt
a) Bewußtsein: Zwischen ich und außenwelt
b) Das ich als objekt des bewußtseins
c) Entfremdung zwischen göttlichem und irdischem
d) Der mensch als teil der natur
e) Entfremdung von körper und geist
f) Nur ein hinweis
g) Gewalt der vernunft

3. Abschnitt
h) Freiheit & notwendigkeit, idee & erfahrung 

4.Abschnitt
i) Karl marx
k) Dialektik der aufklärung
Rudolf steiner und die Anthroposophie

  5.Abschnitt
1) Lebensweg & Menschenerkenntnis

6.Abschnitt
m) Erziehungskunst

7.Abschnitt
n) Anthroposophische Heilpädagogik
o) CAMPHILL
Pfade in die wirklichkeit

8.Abschnitt
Vorbemerkung
p) Das recht des kindes auf achtung
Ellen key/philippe aries/lloyd de mause 
Janusz korczak
Jean liedloff/joseph chilton pearce
Otto rühle/antipädagogik/kinderbewegung
Theodor w. adorno

9.Abschnitt  (q – 1)
q) Das leben lebt!
Neue wissenschaft
Systemtheorie & kybernetik
Selbstorganisation

10.Abschnitt  (q – 2)
Humanökologie
Soziale systeme

11.Abschnitt  (r – 1)
r) Erkenne dich selbst!
Leib & seele

12.Abschnitt  (r – 2)
Irren ist menschlich

13.Abschnitt (r – 3)
Wahnsinn der normalität

14.Abschnitt (s – 1)
s) Erziehung nach auschwitz
Theodor w. adorno 
Martin buber

15.Abschnitt (s – 2)
Selbstbestimmung und integration (Soziale induktion)

16.Abschnitt (s – 3)
Ökosophie/Tiefenökologie
Die poesie ist eine politische methode
Auswege?

17.Abschnitt
t) Anthroposophie im 21. jahrhundert?
u) 'Neue sozialarbeit'?
Anhang

18.Abschnitt
Methodische skizze zur humanökologischen sozialarbeit
mit vor allem körperlich beeinträchtigten menschen

gesamt:

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segmentiert:

Mondrian w. graf v. lüttichau: LIEDER VON DER WAHRHEIT IN UNS DRIN

Gesamtausgabe der gedichte (1970-2012). - Die gedichte haben mich begleitet, zum teil über jahrzehnte; kontinuierlich wurden sie verändert. Deutlicher zeigte sich mir im laufe der jahre das wesenhafte konkreter begegnungen, erfahrungen und empfindungen früherer jahre. Bis heute geht es mir um die möglichkeit von nähe, von beziehung und liebe im zustand der progressiven verdinglichung unserer sozialen welt. Die gedichte sind sowas wie modelle meiner fragen und meiner antworten dazu. In ihnen entfaltet sich der unbegriffliche kern meiner lebendigkeit vielleicht deutlicher als in den anderen büchern - insofern empfinde ich sie auch als eine art gegengewicht zu meinem sonstigen, eher diskursiven und werkzeughaften umgang mit sprache.

Diese 2., erweiterte und durchgesehende auflage erschien im august 2013.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: MAUER AUS SCHWEIGEN UND MISSTRAUEN. Briefe gegen erwachsene

Briefzitate aus den jahren 1968-77machen auswirkungen sozialer verdinglichung in der konsumgesellschaft BRD auf kinder und jugendliche sinnlich nachvollziehbar. Dieses bereits 1978 entstandene manuskript wollte zusammenhänge solcher "ganz normaler" unterdrückungsformen zu haß und gewalt der damaligen stadtguerilla-scene (RAF, Bewegung 2. Juni) verdeutlichen; es widerspricht den in der medien-öffentlichkeit so beliebten ideologischen schwarz/weiß-argumenten.

Kindern und jugendlichen im heutigen deutschland geht es anders, aber kaum besser.Die mauer aus schweigen und mißtrauen zwischen den generationen ist ungebrochen; - genaues, achtsames hinschauen (mit herz und vernunft) auf die situation, das empfinden von kindern und jugendlichen ist noch immer selten. Stattdessen hat sich die "jugendhilfe"-bürokratie weiter perfektioniert; verstärkt werden neuropharmaka eingesetzt gegen schwierige kinder.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: PFADE NACH UTOPIA. Berliner tagebücher 1986-92

Die jahre 1986-92 stehen für den weitgehenden rückzug von meinen bisherigen sozialen kontakten und aktivitäten. Grundlegender als bisher mußte ich klären, was ich eigentlich machen will in meinem leben, mit welchen menschen ich mich verbinden möchte. – Die zeit in westdeutschland wurde endgültig vergangenheit; berlin wurde zu meiner heimat (und ist es geblieben). Weitgehend vergessene bücher, die ich auf den westberliner flohmärkten fand, wurden zu wichtigen pfadfindern beim nachdenken über die menschen, über gesellschaft und politik.

Die welt zu verstehen und selber ganz zu bleiben, diesen "kinderwunsch" hatte ich nie hinter mir gelassen, und schrittweise konnte ich dran gehen, ihn zu  verwirklichen. Achtsamkeit für die vielschichtigen nuancen menschlicher entwicklung muß zum selbstverständlichen aspekt der sozialen lebendigkeit werden, denn die zunehmende ausdifferenzierung der individualitäten (und damit der anstieg von problematischen kombinationen) wird für jahrhunderte normalzustand in der entwickelten zivilisation bleiben. - Ich begann ein politikwissenschaftliches studium und brach es nach ein paar semestern frustriert ab. Am ende dieser umbruchzeit stand die entscheidung, als behindertenpädagoge zu arbeiten.

Im mittelpunkt des zweiten buches (Berliner tagebücher 1989-92)  stehen außerdem erfahrungen und reflexionen im zusammenhang mit der verwandlung von berlin nach dem fall der mauer sowie hoffnungen, erwartungen, illusionen und neue perspektiven für die DDR, für deutschland und vielleicht auch für europa.

Siehe auch das buch 'ELSTERN IN BERLIN' sowie meine berlin-fotos bei flickr.

Band I: Berliner tagebücher 1986-89
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Band II: Berliner tagebücher 1989-92
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Mondrian w. graf v. lüttichau: SCHLÜSSELBLUMEN. Erinnerungen an die allererste zeit

Diese erinnerungen an meine kindheit entstanden im wesentlichen 1978. Ich hatte versucht, möglichst alles zu notieren, woran ich mich noch erinnere aus der lebenszeit, bevor ich (mit 14) tagebücher zu schreiben begonnen habe. (Die frühen tagebücher waren zu diesem zeitpunkt noch verschnürte packen von schulheften.)Jahre später wurde die erste version der erinnerungen in zusammenarbeit mit meinem bruder ergänzt. – Deutlich wird, daß ich als kind leben gelernt habe nahezu ausschließlich durch erfahrungen jenseits des elternhauses.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: THERAPIE ODER LEBEN ? – Begegnungen in der akutpsychiatrie

Neuauflage November 2018 (mit einem Beitrag von Rosemarie Haase, Leipzig)

Bestandteil meiner empfindungen und erfahrungen während der dreijährigen arbeit in verschiedenen akut- und subakutstationen eines psychiatrischen krankenhauses (in berlin) war die selbstverständlichkeit, 'außenseiter' zu sein und fast ausschließlich mit 'außenseitern' zu tun zu haben, seit der kindheit. – Gesellschaftliche ordnungskategorien wie 'krank', 'gesund', 'vorgesetzter', 'untergebener', 'professionelle beziehung', 'arbeit', 'hobby', 'privatleben', 'klient', 'helfer' waren von daher für mich nie selbstverständlich, vielmehr habe ich dem sinn jeder begegnung situativ gerechtzuwerden versucht, egal mit wem. – Dabei war und bin keineswegs ich als 'profi' immer der 'helfende'und jemand mit 'psychischer erkrankung'demgegenüber die oder der 'hilfebedürftige'. – "Es sollte immer ein geben und nehmen sein, - nur dann kann ich vertrauen haben zu einem freund oder einem therapeuten!" hat mir unlängst jemand gesagt..

Mitgenommen habe ich die überzeugung, daß die akutpsychiatrie unter den gegebenen gesellschaftlichen bedingungen nicht reformierbar ist. Allenfalls kann sie kriseninterventionsfunktion haben. Sofern 'therapie' etwas im sinne von gesundwerden, heilen meinen soll, ist der begriff in diesem zusammenhang nicht angebracht.

Mitgenommen habe ich aber vor allem das geschenk von begegnungen, die mir bis heute orientierung und bestätigung sind. Noch immer dankbarkeit, noch immer trauer - -

Mitgenommen aus der zeit in der akutpsychiatrie hab ich nicht zuletzt die erfahrung, daß es tatsächlich um liebe geht, - und daß liebe letztlich nur eines bedeuten kann: vorbehaltlose achtsamkeit für ein gegenüber, für die menschen, für das leben.

Die neuausgabe 2018 wurde durchgesehen und erweitert um abbildungen (aus der gestaltungstherapie) sowie einen anhang zum gedächtnis an SONJA GERSTNER. Darüberhinaus enthält sie einen beitrag von rosi haase (leipzig): "Meiner Erfahrungen mit der DDR-Psychiatrie" sowie faksimiles eines flugblattes des NEUEN FORUMS (november 1989) zur situation von psychiatrie-betroffenen in leipzig.

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Mondrian w. graf v. lüttichau: TRAUER LIEBE UNENDLICHKEIT

(3. auflage 2013)

Enthält vorrangig tagebuchauszüge, briefe und buch-rezensionen aus den jahren 1975-80. In dieser zeit wurde mir bewußt, daß familienleben wohl nicht meine lebensperspektive ist. Die gemeinsame zeit mit gise ging zuende; durch die mitarbeit beim 'LITERARISCHEN INFORMATIONSZENTRUM ULCUS MOLLE' (von biby wintjes in bottrop) und bei der neugegründeten partei DIE GRÜNEN konnte ich lernen, für soziale, gesellschaftliche möglichkeiten einzutreten. – Das buch dokumentiert erste versuche, das mir eigene in der erwachsenenwelt zu entfalten.

Teil 1: Briefe über bewußtheit, spontaneität und erfahrung (1975-77)
Teil 2: Abschied von gise(Enthält u.a. briefe von karin struck im zusammenhang mit deren roman 'Lieben')
Teil 3: Erinnerung an HAP grieshaber und margarete hannsmann (Briefe 1970-2000)
Teil 4: Aus briefen an hans imhoff (1977-81)

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Mondrian w. graf v. lüttichau: WENN WIR UNS ALLE WIEDERFINDEN

2. auflage 2015

Direkte folge von 'Jede zigarette ist ein schrei nach zärtlichkeit!'.  - "Zärtlichkeit" war für mich und die menschen um mich ein früher orientierungspunkt für die suche nach erotik und sexualität jenseits der zunehmenden verdinglichung und kommerzialisierung der normativ-genitalen sexualität. Den weg dorthin muß(te) jeder für sich finden. Im mittelpunkt meines lebens stand nach dem umzug von wuppertal zurück nach heidelberg für ein paar jahre die liebesbeziehung mit judith. Wir konnten sexuelle empfindungen und bedürfnisse aussprechen und gemeinsame erfahrungen machen. Dennoch holten uns die mitgebrachten ängste und zerstörungen wieder ein. Immerhin waren wir nicht mehr alleine mit unserer sehnsucht nach unentfremdeter nähe..

>Die individuelle Geschlechtsliebe unserer Philosophen ist eine überaus kostbare Idee, die bisher nicht verwirklicht werden konnte, weil die eigentliche Menschheitsgeschichte noch nicht begonnen hat. Sie ist eine junge, instabile Fähigkeit der Menschen, derer sie in menschlichen Verhältnissen nicht werden entraten wollen. In ihr überwintert eine gesellschaftliche Einzigartigkeit: Die Liebe kann nicht hergestellt und nicht gekauft werden. Das aber ist in einer Welt des Machens und Verkaufens phantastisch. (VOLKMAR SIGUSCH 1979/2005)<

(Manche stellen könnten als trigger wirken für überlebende von sexueller gewalt!)

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Mondrian w. graf v. lüttichau: WIR INTERNATLER

Für die beiden letzten schuljahre bis zum abitur war ich im internat in heidelberg. Dort entstand rund um mein zimmer ein informelles begegnungszentrum von vorrangig jüngeren internatlern. Gespräche, musikhören, essen, malen und einfach beieinander sein waren die von der internatsleitung akzeptierten aspekte unserer "kommune" (wie das ganze genannt wurde von den beteiligten), schwule begegnungen und (moderater) alkoholkonsum die nichtakzeptierten. – Im mittelpunkt der tagebuchauszüge steht die (in ihrer vielschichtigkeit von erwachsenen meist nicht wahrgenommene) lebendigkeit 11-14jähriger jungen, aber auch die schöne und schwierige liebesbeziehung zwischen jim & mir. In diesen beiden jahren habe ich erkannt, daß männliche menschen keineswegs von natur aus unsensibler sind als weibliche; - die typische seelische abstumpfung vielleicht der meisten erwachsenen männer hat eher mit geschlechtsspezifischer sozialisation und entsprechenden umständen im arbeitsleben zu tun. Deutlich wird in den tagebüchern aber auch, wie schlimm es für die allermeisten internatler ist, in die internatserziehung abgeschoben zu werden von eltern, die offenbar wichtigeres zu tun haben..

Sarah gerstner & mondrian graf v. lüttichau: "WARUM IST ES SO SCHWER, GEFÜHLE ZU ZEIGEN?!"

Sarah war 1971 elf, ich (mondrian) war neunzehn. Kennengelernt hatten wir uns auf den spielplätzen der kleinen württembergischen stadt, in der wir beide lebten. Ab 1971 war ich, für die letzten beiden schuljahre bis zum abitur, in heidelberg im internat. Dorthin hat sarah mir ihre ersten briefe geschrieben. Unser briefwechsel (bis 1980) zeigt in den ersten jahren viel von sarahs empfindungen und lebensentscheidungen angesichts alterstypischer erfahrungen und probleme. Deutlich wird der soziale anpassungsdruck hin zum "nett sein", zu idealisierten beziehungsmodellen, dem mädchen ausgesetzt sind.Sarah gelang es in diesen jahren, immer wieder zurückzufinden zu ihren authentischen empfindungen, - wodurch sie sich notwendigerweise von vielen gleichaltrigen distanzieren mußte. - In späteren briefen konnten wir uns austauschen über unsere sehnsucht nach authentischen begegnungen, über sexualität und körperliche liebe.
1980 brach sarah unseren kontakt plötzlich ab - mit dem hinweis auf kindliche träume und illusionen, in denen ich wohl noch steckte, sie aber nicht mehr..
 (Sarah gerstner ist ein pseudonym.)

Siehe zu diesem buch eine grundlegende anmerkung auf der startseite!

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