Mondrian w. graf v. lüttichau: WIR INTERNATLER

Für die beiden letzten schuljahre bis zum abitur war ich im internat in heidelberg. Dort entstand rund um mein zimmer ein informelles begegnungszentrum von vorrangig jüngeren internatlern. Gespräche, musikhören, essen, malen und einfach beieinander sein waren die von der internatsleitung akzeptierten aspekte unserer "kommune" (wie das ganze genannt wurde von den beteiligten), schwule begegnungen und (moderater) alkoholkonsum die nichtakzeptierten. – Im mittelpunkt der tagebuchauszüge steht die (in ihrer vielschichtigkeit von erwachsenen meist nicht wahrgenommene) lebendigkeit 11-14jähriger jungen, aber auch die schöne und schwierige liebesbeziehung zwischen jim & mir. In diesen beiden jahren habe ich erkannt, daß männliche menschen keineswegs von natur aus unsensibler sind als weibliche; - die typische seelische abstumpfung vielleicht der meisten erwachsenen männer hat eher mit geschlechtsspezifischer sozialisation und entsprechenden umständen im arbeitsleben zu tun. Deutlich wird in den tagebüchern aber auch, wie schlimm es für die allermeisten internatler ist, in die internatserziehung abgeschoben zu werden von eltern, die offenbar wichtigeres zu tun haben..