nina ranalter: AMORT

 

Nina ranalter wurde 1940 in tübingen geboren, wo sie auch aufwuchs. Sie arbeitete als sozialarbeiterin in gefängnissen und einem resozialisierungsprojekt. Mit karola bloch (architektin und partnerin des philosophen ernst bloch) war sie befreundet , auch mit der dichterin friederike mayröcker.
Der gedichtzyklus AMORT (1989) ist nina ranalters einzige selbständige veröffentlichung.

Am ehesten läßt sich AMORT als ein in episoden gegliedertes prosagedicht verstehen: epitaph für einen verlorengegangenen liebsten. (Daneben ist der zyklus wohl eins der schönsten parisgedichte deutscher sprache.) Von irgendwoher wird die (behauptete? mögliche? bezweifelte? irreale?) lebendigkeit einer frau berichtet. Sich selber fremd geworden – irrt diese frau (im november? im märz?) durch paris, in ihrer wortgewaltigen, schweigenden, verständnislosen, herzzerreißenden klage um den geliebten. Er, der aus prag zu stammen scheint (und mit ihr zusammen in paris westliche lebensverhältnisse kennenlernte), geistert durch ihre schattenhaften erinnerungen. Sie lotet aus, was sie in sich zu finden meint von dieser liebe, läßt das verlorene nid d'amour (liebesnest) in den straßen zurück und auf dem friedhof père lachaise, treibt vorüber an spuren der pariser geschichte, um sich an ihnen festzuhalten, gleitet von allem ab; – manchmal wörter aus der fremde: "was gefühlt fühle über sich hinaus ohne gegenrichtung" – aber vielleicht macht jedes erinnern reale erfahrungen zu etwas irrealem?

In diese neuveröffentlichung wurden weitere texte ranalters aufgenommen. Außerden enthält sie beiträge von sara päthe: fotografien und einen text. Beides versteht sich als spiegelungen oder imaginärer dialog mit dieser verloren gegangenen frau.

auc-161-nina-ranalter (pdf 665 KB)