John Rechy: NACHT IN DER STADT

Neu im Februar 2025

Das Werk des mexikanisch-amerikanischen Schriftstellers und Essayisten John Francisco Rechy (geb. 10. März 1931) thematisiert auf Grundlage seiner eigenen Lebensgeschichte die schwule Kultur in Los Angeles und anderen US amerikanischen Städten. Sein hier wiederveröffentlichter erster Roman war CITY OF NIGHT (1963). Rechys Werk wird zur Literatur der mexikanischen US Bürger (Chicanos) gezählt.
Um 1959 war Rechy beteiligt an den ersten schwul-lesbischen Widerstandsfaktionen in Los Angeles (Cooper Do-Nots-Aufstand).

In dem Roman NACHT IN DER erzählt der Protagonist von Begegnungen auf den großen Stricher-Scenes Amerikas: New York, Los Angeles, Hollywood, San Francisco, Chicago, New Orleans. Der Ich-Erzähler bleibt immer in der Beobachterposition; Nähe zu einem anderen Menschen läßt er nicht zu. Gleichwohl wird deutlich daß Sexualität nur die Bühne ist, auf der allgemein menschliche, existentielle Probleme ausagiert, kompensiert, im Stillen reflektiert, selten auch (in Andeutungen!) besprochen werden: Leid, Sehnsucht, Liebe, Einsamkeit, Angst, Zurückweisungen, das Alter, Schuldgefühle, Geschlechtsidentität, Verzweiflung, die Macht der normativen Gesellschaft, Haß, körperliche "Attraktivität", begehrenswert sein wollen .. – In einzelnen Begegnungen werden Lebensgeschichten deutlich .. aber alles bleibt vage, wird schnell wieder überdeckt mit den Konventionen der Sexjäger-Scene: zuviel Angst, verletzt zu werden.

Seltsamste Verhaltensweisen entfalten sich vor uns – aber der Autor nimmt den Personen niemals ihre Würde, im Gegenteil: wir können auch das zunächst Befremdende ansatzweise nachfühlen .. diese Menschen bleiben unseresgleichen; wir alle hätten so werden können – und mit Sicherheit haben wir alle auch manche Eigenarten, die auf Außenstehende skurril wirken würden .. die wir aber peinlich verbergen vor anderen. – In diesem Buch geht es nicht vorrangig um Stricher und Schwule: es geht um uns Menschen mit unseren Untiefen, unserem Lebensleid, unserer Verlorenheit und unserer Sehnsucht nach Liebe. Manchmal sind es herzzerreißende Momente, eigentlich sogar oft.

Bei all ihrer seelischen Verletztheit, der Entfremdung ihrer Verhaltensweisen und vieler Empfindungen kämpfen viele Männer & Queens & Tunten & Lesben in dieser Scene vielleicht mehr und verzweifelter um ihre verschüttete, verwundete, ihnen selbst teilweise unbewußte Authentizität, ihre Persönlichkeit, als die allermeisten Menschen in der gesellschaftlichen Normalität.

Ein Moment des Buches ist das arrogant autoritäre Verhalten von "Ordnungshütern" gegenüber dieser Lebenswelt. Dies trifft nicht nur Stricher und Freier , sondern auch Transvestiten /Transsexuelle, Queens, Drag Queens, Tunten, Butches/Kesse Väter. – Lokale Gesetze gegen Crossdressing (d.h. Verbote, sich als biologischer Mann "wie eine Frau" anziehen oder andersrum) gab es in den USA bereits im 19. Jahrhundert in vielen Kommunen/ Bundesstaaten. Im Zusammenhang mit der Schwulenbewegung in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts entstand zunehmend Widerstand betroffener Menschen. Es kam zu einigen Urteilen von Obersten Gerichtshöfen von Bundesstaaten, in denen das Cross Dressing-Gesetz für verfassungswidrig erklärt wurde. – Seit 2023 starten bestimmte Gruppierungen Versuche, wiederum eine derartige Gesetzgebung durchzusetzen. Donald Trump unterzeichnete bereits direkt nach seiner Amtseinführung im Januar 2025 ein Dekret, das die US-amerikanischen Behörden dazu anhält, nur noch zwei Geschlechter, männlich und weiblich, anzuerkennen.

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