Paul Verlaine: BRIEFE GEDICHTE TEXTE

Arthur Rimbaud bei Autonomie und Chaos, Teil V

Während der Arbeit an den Veröffentlichungen von und zu Arthur Rimbaud bedrängte mich immer wieder die Frage nach dem Dichter Paul Verlaine, mit dem Rimbaud in einem so verwirrenden Verhältnis gestanden hatte. – Schon 1870, noch in Charleville, hatte er Verlaines Gedichte für sich entdeckt, im September 1871 nahm er brieflich Kontakt zu ihm auf, schickte eigene Texte. Verlaine reagierte enthusiastisch, lud den zehn Jahre Jüngeren zu sich nach Paris ein. Offensichtlich fühlten sich beide voneinander im Innersten berührt und angesprochen. Eine leidenschaftliche Beziehung entstand. Aber grade in solcher Nähe und Unbedingtheit werden wir verwundbar, zeigen sich früher oder später Fremdheiten, die manchmal unüberwindbar sind. So war es auch hier. Während Rimbaud 1876 Europa floh, wurde Verlaine auf einem von Leid, Einsamkeit, Selbstzerstörung und später Religiosität bestimmten Weg zu einem anerkannten, ja berühmten Dichter eines Werkes, das weitab lag von der früheren literarischen Verbundenheit zwischen ihm und Rimbaud. Und obwohl Rimbaud nicht nur von seinem eigenen Werk, sondern auch von dem Freund nichts mehr wissen wollte, setzte sich Verlaine bis zum Lebensende publizistisch und persönlich ein für Rimbauds Werk. Ohne Verlaines spätere Popularität wäre es ihm kaum möglich gewesen, erfolgreich für Rimbauds Werk einzutreten. Und ohne Paul Verlaine wären Rimbauds Gedichte zweifellos zerstoben und für die Menschheit verloren. – Alles in allem eine seltsame lebenslange schicksalhafte Verbindung zwischen den beiden, über die wir nur staunen können!

Gerhart Haugs Buch Paul Verlaine. Die Geschichte des armen Lelian erschien 1944 in einem Schweizer Verlag. Es wird hier erstmalig wiederveröffentlicht – wesentlich erweitert um Gedichte, Texte, Abbildungen und Faksimiles und unter einem neuen Titel.

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