Werner Milch: DIE JUNGE BETTINE UND IHR SCHWERER WEG IN DIE MENSCHENWELT

Werner Milch (1903-1950) war Germanist und Literaturhistoriker. Nach 1933 wurde er im Zuge der NS-Rassengesetze aus seinen Ämtern entlassen. Er stand in Kontakt mit Bettines Enkelin Irene Forbes-Mosse und konnte den Arnim'schen Nachlaß auswerten. 1938 wurde Milch kurzzeitig im KZ Sachsenhausen gefangengehalten; im Juni 1939 emigrierte er in die Schweiz, von dort nach Großbritannien. Nach 1945 kehrte Milch nach Deutschland zurück, wurde 1949 an die Universität Marburg berufen. Das 1936/37 begonnene Buch "Die junge Bettine" blieb liegen, bis es zu spät war. Peter Küpper, akademischer Schüler Milchs und in dessen Beschäftigung mit Brentano/Arnim einbezogen, überarbeitete Jahre nach dem Tod des Autors das Manuskript; 1968 wurde das Buch bei Lothar Stiehm, einem jungen germanistisch orientierten Verlag, veröffentlicht.

Deutlich wird Milchs nuancierte Sensibilität für seelisch-psychologische, philosophische und spirituelle Momente. Seine hermeneutische Achtsamkeit, sein Bemühen, Bettines "innere Biographie" zu erkunden und darzustellen, tragen zum besonderen Wert seines Buches bei. Er sucht in Bettines schriftlichen Äußerungen durchgängig nach authentischen Bewußtseinsprozessen. Milchs Fokussierung auf die seelische wie auch die spirituelle innere Wahrheit der jungen Bettine stand am Beginn meiner an sein Buch anschließenden Überlegungen: "Bettines schwerer Weg in die Menschenwelt".

Bettines Werke einschließlich ihrer Briefe sind in allem Wesentlichen genuine Schöpfungen ihres Innern, Resultat einer lebenslang nach außen drängenden kreativen seelischen, poetischen, spirituellen Selbstentfaltung. Diese sie selbst in gewisser Weise wohl überfordernde Flut wollte sie auf unterschiedliche Weise in die sie umgebende soziale und gesellschaftliche Normalität integrieren – die ihr jedoch zeitlebens fremd blieb (wie sie oft bekundete).

Bettine ist es wert, in ihrer menschheitlichen Eigen-Art neu entdeckt zu werden. Auch deshalb war es mir wichtig, daß in dieser Veröffentlichung nicht nur über sie geredet wird, sondern sie selbst ausführlicher zu Wort kommt: in längeren Auszügen aus Briefen und Werken sowie einigen zeitgenössischen Zeugnissen.

Eine Fortführung dieses biografisch-psychologischen Blickwinkels bildet die ebenfalls bei A+C als erweiterte Neuausgabe erschienene Dokumentation der Arbeitsbeziehung zwischen Bettine v. Arnim und Rudolf Baier (in den Jahren 1844/45).

auc-151-milch-bettine (pdf 3,9 MB)